Antrag: Mehr werbefreier Content in der Uni – Vertrag mit CAMPUSdirekt kündigen!

Antragsteller*innen: Nicolas Beck

Antrag: Die Vollversammlung der Studierendenschaft spricht sich dafür aus, dass die Universität und das Studierendenwerk Verträge mit CAMPUSdirekt Deutschland GmbH kündigen soll.

Begründung des Antrags: Der Staat kann begriffen werden als die materielle Verdichtung von Kräfteverhältnissen zwischen verschiedenen Gesellschaftsgruppen, insb. Klassen und Klassenfraktionen (Poulantzas). Dies betrifft auch Institutionen wie die Universität. Die Materialisierung dieser Kräfteverhältnisse bestimmt aber auch den juristischen, räumlichen und diskursiven Rahmen, in denen die Austragung politischer Interessen und die Artikulation politischer und sozialer Gruppen stattfinden.

Mit der Kommerzialisierung des Universitätsalltags findet dieser Prozess über bürokratische Antragstellung und dem käuflichen Erwerb von Werbeflächen einher, wodurch breite Massen der Studierendenschaft depolitisiert werden.

 

Die Universität wird dadurch zu einer Institution, die einerseits der ideologischen Reproduktion von gesellschaftlichen Macht- und Produktionsverhältnissen dient, indem die Studierenden ihre Bildung auf den Erwerb einer monetär verwertbaren Qualifikation fokussieren. Dies wird z.B. auf den Toiletten deutlich. So starrt man bei den Pissoirs ein Poster an, welches Insuffizienzgefühle bzgl. des Studienerfolgs aktiviert, nach dem Motto “Scheiterst du im Studium? Dann mach doch eine Ausbildung in …”. Der Kritikpunkt ist hierbei nicht, dass man Personen, die mit ihrem Weg unzufrieden sind, eine Alternative aufzeigt, sondern, dass gegebene gesellschaftliche Verhältnisse von vornherein ideologisch reproduziert werden, indem die Adressaten hierdurch ein individualistisches Verhältnis zu seinen Existenzbedingungen imaginieren: das Problem ist dein individuelles Nichtkönnen – aber das Problem sind nicht rigide Qualifikations- und Arbeitsstrukturen, die Tatsache, dass Dozierende Publikationsdruck haben und gute Lehre wenig gefördert wird, dass umfangreiche pädagogische Erkenntnisse und technische Mittel existieren, um Lern- und Merkfähigkeiten effizient zu verbessern, diese aber aufgrund gegebener Strukturen nicht ausgeschöpft werden, dass im Bildungssystem Selektionsprozesse stattfinden und dass der Fokus der Bildung auf die Verwertbarkeit und nicht auf die freie Entfaltung des Geistes liegt…..

 

Andererseits wird hierbei deutlich, dass öffentliche Institutionen vemehrt der Reproduktion der Produktivkräfte dienen, also der wirtschaftlichen und technischen Reproduktion von industriellen Input-Output-Beziehungen im Kontext marktwirtschaftlicher Angebots-Nachfrage-Relationen. Dies ist kein Wunder, da sich eben jenes kommerzialisierte System immer weniger tragen kann. In Zeiten zunehmender Ungleichheit und fixer Kapitalanlagen durch technologischen Fortschritt, steigt die Sparquote, wodurch die relative Nachfrage gegenüber dem immer weiter steigenden Output sinkt. Neben abnehmenden Renditen durch Überkapazität haben wir also chronische Unterkonsumtion. So haben Firmen den Druck, nicht einfach nur psychologische Suggestionsmethoden als Marketingstrategien anzuwenden, sondern auch den Menschen Werbung aufzuzwingen und sie zu erpressen, Geld zu zahlen, damit sie Werbung nicht ansehen müssen.

 

Sehr viele Flächen der Universität werden von CAMPUSdirekt verwaltet, wodurch Funktionen der Öffentlichkeit externalisiert und privatisiert werden. Die Firma wirbt mit Entlastung, doch diese ist kaum erkennbar, wenn plötzlich Werbeschilder und -regale an Orten auftauchen, wo vorher gar nichts war. Auch sind die Themen, über die geworben wird, nun eingeschränkt und meist kommerziell ausgerichtet. Als Alternative kann die Universität auch einfach für bestimmte ausgewiesene Flächen, die für Studienflyer, Hochschulgruppenflyer oder private Inserate vorgesehen sind sorgen und diese in der Nähe von Mülleimern platzieren, um Unordnung zu verhindern. Ggf. kann auch eine gutbezahlte Ordnungskraft eingestellt werden oder gegebene Kräfte besser bezahlt werden, um Vermüllung an jenen Orten zu verhindern. Es braucht einfach nicht den Umweg über eine unproduktive Agentur, die durch Unterstützung unproduktiver Leistung (Werbung), Geld verdient.